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Antrag / Anfrage / Rede

Flüchtlingsunterkunft Müllerstrasse

Kernaussage: weil wir die Bürger ernst nehmen und sie vor evtl Schaden bewahren wollen, stimmen wir der Anmietung durch die Stadt Friedrichshafen zu. Würden wir dies nicht, wird sich das Land einmieten und dann hat unsere Verwaltung absolut keinerlei Handhabe mehr, auf die Belange der Bürger einzugehen!

Sehr geehrte Damen und Herren,


die Verwaltung und die Bevölkerung haben seit Herbst 2015 eine Mammutaufgabe zu bewältigen.

Die Verwaltung hat wirklich alles getan, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Da dachte man, jetzt kommt man allmählich in eine gewisse Routine, trifft uns der Krieg in der Ukraine völlig unvorbereitet. Jetzt hat man sich zynischerweise auch daran gewöhnt, geht es in Nahost weiter. Jedem muss spätestens jetzt klarwerden, dass wir die Geschehnisse weltweit niemals vorausplanen können. Ironischerweise gelten die Menschen, die vor Hunger, Zerstörung ihrer Lebensräume durch den Klimawandel, Ausbeutung ihrer Ressourcen für unsren Konsum, Verfolgung durch religiöse Eiferer oder absoluter Perspektivlosigkeit fliehen, als sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. Die kommen ja auch noch dazu.


Ich bin mir sicher, dass die meisten unserer Bürger das genauso sehen. Aber dass die meisten auch inzwischen der Meinung sind, es reicht, ist für uns nachvollziehbar.

Wir würden gerne die Verwaltung und die Bürger entlasten, indem wir – als GR- jetzt sagen, Schluss, wir nehmen keine Geflüchteten mehr auf! Wir müssen alles daransetzen, die bis jetzt gekommenen, schnellst möglich zu integrieren, damit auch sie einen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten.

Das Problem ist der Königsteiner Schlüssel. Ihn zu ignorieren hätte ähnliche Auswirkungen, wie wenn unsere Verwaltung festlegen würde, dass die Häfler Bürger jetzt genug belastet seien und sie für 1 Jahr keine Steuern mehr zahlt müssten. Wir können uns vorstellen, wie das Szenario weiterginge!


Dass die Bundesregierung jetzt hoffnungsvolle Ansagen macht, die illegale Migration zu bekämpfen und abgewiesene Asylbewerber abzuschieben, nützt uns hier und jetzt absolut nichts!

Wir müssen die Menschen aufnehmen und können - auch wenn wir es gerne wollten – nicht hinterfragen.


Wir verstehen die Anwohner sehr gut! Und Angst ist nicht nur ein ungutes Gefühl, es kann auch sehr einschränkend wirken. Angst ist etwas Surreales. Statistiken helfen hier auch nicht weiter.


Dass die Verwaltung die Häfler Bürger ernst nimmt, beweist der kürzlich veröffentlichte Sicherheitsbericht und die Tatsache, dass sie nicht über die Köpfe der Anwohner hinweg das ehemalige Telekom-Areal einfach vollständig mietet und über unbestimmte Zeit Geflüchtete einquartiert. Natürlich gibt es durchaus auch Stimmen die der Meinung sind, uns sollten die Belange der Anwohner gleichgültig sein, wir müssten jedem Hilfesuchenden helfen.


Wir bitte Sie, nehmen Sie die Menschen ernst! Lassen Sie uns alles unternehmen, damit sie uns vertrauen und nicht selbsternannten Heilsbringern, gleichgültig wie sie sich bezeichnen . Den wenigsten Gesellschaften wurde damit nachhaltig geholfen.


Aber wir bitten auch die Anwohner des ehemaligen Telekom Areals inne zu halten! Wir haben ihnen gegenüber viele Zugeständnisse bzgl. der Pläne des Investors gemacht und das ehemalige Bauvorhaben musste ordentlich abgespeckt werden.


Natürlich wären Wohncontainer (ich rede von Wohncontainern und nicht von Hinterhofsgaragen!), wie aktuell in Pfullendorf errichtet, eine elegante Lösung.

Man kann sie schnell irgendwo aufstellen, belegt keinen dringend benötigten Wohnraum für hiesige Bürger und sie suggerieren keine Dauerhaftigkeit. Noch dazu können Wohncontainer so toll gestaltet sein, dass sie eine Qualität wie ein Tiny House aufweisen. Aber auch sie müssen aufgestellt werden. Im Fallenbrunnen, wo anfangs die Geflüchteten unter gekommen sind? Das fänden wir persönlich eine gute Lage. Aber, den Aufschrei können wir jetzt schon hören!

Das Problem also: die Container will auch keiner vor der Nase haben, sie sind, davon abgesehen, ausgesprochen teuer, wartungsintensiv.

Aber selbst wenn sich eine Container-Anlage etwas abseits, aber noch mit annehmbarer Infrastruktur machen liese - zB. An der Messe, so gäbe es auch diesbezüglich kritische Stimmen, und wenn es nur die sind, dass man solche Tiny Houses auch für die Bevölkerung aufstellen könnten, die ja auch dringend Wohnraum bräuchte.


Wir haben sehr mit uns gerungen und ich musste meine persönliche Einstellung dem Investor gegenüber hinten an stellen – weil wir die Bürger ernst nehmen und sie vor evtl Schaden bewahren wollen, stimmen wir der Anmietung durch die Stadt Friedrichshafen zu. Würden wir dies nicht, wird sich das Land  einmieten und dann hat unsere Verwaltung absolut keinerlei Handhabe mehr, auf die Belange der Bürger einzugehen!


Wenn, wie geplant über 80 Wohnungen auf dem Areal bezogen werden, wird auch nicht immer die größte Harmonie herrschen. Selbst wenn dort Luxus-Villen errichtet werden würden, gäbe es Konflikte. Ein Anwalt für Mietrecht sagte einst zu mir, wenn Ihnen jemand einen Misthaufen vor die Türe setzen will, macht er das, unabhängig von Status oder Herkunft.


Und, vielleicht tröstet es die Anwohner ja ein bisschen: keiner wird die nächsten Jahre verschont werden. In der ein oder anderen Form müssen wir alle ein Stück von unserem gewohnten Leben abgeben. Viele werden es als Bereicherung erleben, viele – wie die Anwohner der Müllerstraße – als Einschränkung.


Und es ist doch nur die Anzahl von 2 Schulklassen! Und selbst wenn viele jungen Männer unter ihnen sein werden, so sollten wir dringend bedenken, dass wohl jeder von uns versuchen würde, seine Kinder in Sicherheit zu bringen! Und, würden Sie ein Mädchen alleine los schicken? Selbstverständlich sind das die Jungs, die sich auf den Weg machen! Auch wenn wir uns sträuben, die meisten Menschen werden unter uns bleiben. Und auch wenn es noch so schwer fällt, wir dürfen nicht den Fehler machen wie unsere Eltern und Großeltern als die Gastarbeiter kamen und alle dachten, sie blieben ja nur für kurze Zeit. Wir wissen alle, wie gespalten die Kinder und Enkel der damaligen Gastarbeiter sind und welche Konsequenzen unsere Gesellschaft 50, 60 Jahre später zu tragen hat. Hauptsächlich deswegen, da sich die Menschen nicht akzeptiert gefühlt hatten, sie tatsächlich meist auch ausgegrenzt wurden. Wir als Gesellschaft können uns das nicht erlauben, auch wenn wir es gerne anders hätten.

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